Sonntag, 10. Juli 2016

Bienvenue à Quebec!

Nach einer erholsamen Nacht in Prescott führt mich mein Weg immer weiter am Ufer des Sankt-Lorenz-Stroms entlang. Vorbei an verträumten Buchten, durch kleine Ortschaften mit schönen Häusern. An vielen Orten ist man auf Radfahrer eingestellt, es gibt oft Radwege parallel zur Strasse und ab und zu sogar die Möglichkeit die Wasserflaschen zu füllen.
Das Wetter ist gut und es wird mal wieder Zeit im Zelt zu übernachten. Ich steuere vor Montreal einen Campingplatz direkt am Wasser an, baue mein Zelt auf und versorge das Rad. Die vordere Tasche mit den stinkenden Radschuhen lasse ich am Rad, wer möchte das schon gerne im Zelt haben? Mitten in der Nacht werde ich allerdings wach, da macht sich jemand an meinem Rad zu schaffen! Schnell die Taschenlampe herausgekramt und aus dem Zelt gesprungen. Einen Waschbär auf frischer Tat ertappt sozusagen - was er erbeuten wollte bleibt mir ein Rätsel. Auf jeden Fall ist ein Pfotenabdruck auf der Tasche zu erkennen und ich beschliesse die Tasche nun doch ins Zelt zu nehmen. Wer weiss auf welche Ideen der Waschbär noch gekommen wäre?
Pünktlich um 5:30 Uhr wecken mich irgendwelche Vögel mit wildem Geschnatter. An schlafen ist nicht mehr zu denken und ich packe meine Sachen zusammen. Auf der Etappe bis Montreal steht Gegenwind auf dem Programm und ich bin froh, dass ich früh loskomme. In einem Café mache ich einen kurzen Zwischenhalt und lerne drei sehr nette Kanadier kennen, welche dieses Café betreiben. Ich unterhalte mich lange und geniesse einen guten Kaffee. Bald wird es mit dem unterhalten schwieriger, denn die Grenze zu Quebec steht kurz bevor und dort wird überwiegend französisch gesprochen.
Am nächsten Tag erreiche ich die Randgebiete von Montreal auf der gegenüberliegenden Uferseite. Was in Toronto die roten Ampeln waren, sind in Montreal die Stop Schilder. Zuerst stoppe ich natürlich pflichtbewusst an jedem Schild. Dann beobachte ich andere Verkehrsteilnehmer und rolle langsam über die Stop Signale hinweg. Und irgendwann schaue ich nur noch, ob ich von der Polizei beobachtet werde oder ob es andere Verkehrsteilnehmer in der Nähe hat. Nein? Sehr gut, da brauche ich nicht abbremsen...
Hier bin ich sicherlich nicht das letzte Mal gewesen, der nächste Besuch wird dann wahrscheinlich ohne Rad erfolgen. Wie bei jeder Grossstadt bin ich froh, als ich mich am folgenden Tag ein letztes Mal umdrehe und die Hochhäuser der Stadt langsam kleiner werden.
Heute steht eine lange Etappe an, der Gegenwind macht das Fahren mühsam und einsetzender Regen hebt meine Stimmung auch nicht gerade an. Alles ist grau in grau, die Strecke eigentlich schön. Es wird ein langer Radtag, ein kurzer Zwischenstopp bei "Chez Berger" auf einen Florentiner und weiter geht's. Immer wieder werde ich von kleinen schwarzen Vögeln mit den roten Flügeln beschimpft. Die kenne ich bereits aus den USA. Sie fliegen über meinem Kopf hin und her und piepen mich lautstark an. Ich komme wohl ihrem Nest zu nahe. Sie könnten es ja dabei belassen, aber verfolgen mich regelmässig für mehrere Meter. Irgendwann bin ich davon so genervt, dass ich lautstark zurück brülle - sie sollen nun endlich Ruhe geben, ich interessiere mich einfach nicht für Ihre Gelege. Nützte allerdings nichts gegen das piepen, aber ich bringe mich selbst zum Lachen, das ist doch auch schonmal was... Völlig durchnässt komme ich dann in der Dämmerung im Hotel an und freue mich über eine heisse Dusche und ein schönes Zimmer. Da für den nächsten Tag wieder Regen und Gegenwind angesagt ist, bliebe ich hier kurzerhand eine weiter Nacht und lasse es mir gutgehen. Es ist Sonntag und ab Sonntag Mittag wird es meistens ruhiger, die meisten Gäste reisen ab - the weekend business is finished. Dies merkt man auch an der Stimmung des Personals, ich liebe diesen Wechsel. Es fühlt sich ein bisschen so an, als ob das ganze Hotel schläft. Ich fühle mich an diesen Tagen nicht mehr einfach nur als willkommener zahlender Gast, sondern als herzlich willkommener Gast (natürlich immer noch zahlend :-)). Ich verbringe den heutige Tag irgendwo im nirgendwo vor Quebec ganz gemütlich mit relaxen, geniessen und gönne mir eine entspannende einstündige Ganzkörpermassage - nun bin ich definitiv tiefenentspannt.

Wasserflaschen befüllen leicht gemacht!
In diesem Café wird organic food verkauft, sehr lecker :-) 
Auf frischer Tat ertappt - sogar mit Pfotenabdruck.

Regen. Und das den ganzen Tag. Die Ente & ich im Partnerlook.

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