Dienstag, 22. Juli 2014

Nachtrag - was ist aus der Ente geworden?

Immer wieder wurde ich nach meiner Rückkehr nach meinem treuen Begleiter, der Ente gefragt. Ihr geht es gut! Nach meiner Ankunft am Nordkap hat sie mich noch ein Stück begleitet, doch dann ist sie an einen Ort geflogen an dem sie sich sehr wohl gefühlt hat. Ihr hätte die Katze in Bergen wahrscheinlich auch nicht gefallen ;-). Mein anderer Begleiter, das Rad steht nun - sogar ein bisschen geputzt - neben meinem Bett und erholt sich ein wenig für neue Abenteuer. Und die Ente möchte mich dann auch wieder begleiten... 

Samstag, 19. Juli 2014

"Weine nicht das es vorbei ist - lache das es überhaupt passiert ist!"

Morgen geht für mich ein grosses Abenteuer zu Ende. Ich habe in den letzten 10 Wochen viel Spannendes erlebt, habe Grenzerfahrungen gemacht, war nervös, aufgewühlt und habe oft an mir gezweifelt aber meinen Traum nie aufgegeben. Ich bin alleine gewesen und habe viel nachgedacht. Einen kleinen Teil der Welt habe ich erradelt um sie nun aus einem klein wenig anderen Blickwinkel zu betrachten. Ich habe eine Menge Zuversicht getankt und möchte nicht eine Sekunde missen. Oft habe ich geflucht wie ein Rohrspatz, gerade an diesen Erlebnissen bin ich aber auch gewachsen. Komische Typen habe ich kennengelernt und viele liebe Menschen sind mir begegnet. Ich bin beeindruckt von der Herzlichkeit und Offenheit der Menschen, die mir mit einem Lächeln begegnen. Ein war ein tolles Erlebnis das Nordkap gemeinsam zu erleben. Meine Hände haben viel Wind, Regen und Sonne abbekommen und wenn ich sie betrachte erinnere ich mich an das Erlebte mit einem Hauch von Abenteuer und Aufbruchstimmung. Ich bin voller Eindrücke und Erlebnissen und ich merke - meine Festplatte ist voll. Ich fühle eine tiefe Zufriedenheit und geniesse den Abschluss meiner Reise. Ja - ich hätte weiterfahren können, aber nach zweieinhalb Monaten freue ich mich auch auf die lieben Menschen zu Hause. 

Danke an alle die mich während meiner Reise begleitet haben. Ihr habt mir das Gefühl gegeben, doch nicht ganz alleine gewesen zu sein. 
Ich freue mich auf Euch.
Bis bald, 
Ines 

Freitag, 18. Juli 2014

Ein bisschen Statistik...

Kilometer insgesamt: 5357 Kilometer + ein paar zerquetschte zum Flughafen und mal zwischendurch
Höhenmeter insgesamt: 34451 Meter nach oben
Längste Etappe: 160.66 Kilometer und 1738 Höhenmeter 
Kilometer pro Fahrtage / Durchschnitt: 97.41 Kilometer
Längste Zeit im Sattel: 9:44:19 Stunden
Schnellste Etappe: 18.66 km/h
Langsamste Etappe: 12.70 km/h zum Nordkapp
Maximalgeschwindigkeit: 61,01 km/h
Unterwegs: 72 Tage
Platten und Pannen: 0 (!!!)
Zerschlissene Zelte: 1
Bereiste Länder: 5
Fährpassagen und Tunnel: viele
Verbrauchte Kalorien: unzählige 
Zugeführte Kalorien: mehr ;-) 

Bergen - die regenreichste Stadt in Europa?

Die letzten Tage meiner Reise geniesse ich bei über 30 Grad und herrlichem Sonnenschein in Bergen. Eine junge, pulsierende Stadt mit viel Flair und Tradition. Berge, Hafen, kleine Gässchen, Holzhäusschen, Geschäfte, Museen - die Stadt bietet viel und ich freue mich einen so schönen Abschuss erleben zu dürfen. 
Seit mehreren Wochen habe ich das erste mal wieder ein Hotelzimmer mitten in der Stadt, so kann ich meine Abreise in Ruhe vorbereiten. Das Rad ist mittlerweile bei der Fluggesellschaft angemeldet, Verpackungsmaterial habe ich besorgt. Sogar eine grosse Tasche - habe ja nur ein Gepäckstück frei - habe ich gefunden. Dann war ich natürlich noch einen Norwegerpulli shoppen. Bei dem Wetter eine totale Schnapsidee, aber es wird bestimmt wieder mal Winter... 
Den etwa 400 Meter hohen Hausberg - den Fløyen - habe ich mich hochgequält um einen grandiosen Blick zu bewundern und danach wieder den Hügel runterzustolpern. War definitiv zu lange auf dem Rad unterwegs und es fühlt sich so an als ob ein paar Muskeln bereits degeneriert sind :-). 
Mittags beobachte ich das rege Treiben auf dem Fischmarkt - die Portionen die dort zum sofortigen Verzehr verkauft werden sind eher klein und die Preise eher hoch. Nach meiner Wanderung komme ich dann erneut geschafft an eben diesem Markt vorbei und kann diesmal nicht wiederstehen. Da es bereits kurz vor Feierabend ist, wird meine Lachsportion mal eben doppelt so gross wie ich dies am Mittag beobachtet hatte - ich kugele ins Hotel zurück. Zum Frühstück reicht mir ein bisschen Obst und Joghurt. 
Nun werde ich noch einmal durch die Holzgässchen in Bryggen streifen, mich ein bisschen Sonnen, Schiffe beobachten und ein wenig ausspannen, 
Am Sonntag früh stehen dann die letzten Kilometer mit dem Rad zum Flughafen auf dem Plan. Am frühen Abend komme ich in Zürich an, wenn alles nach Plan läuft. 

Ein letztes mal ausschiffen.
Bryggen, hier ist alles auf Holz gebaut! 
Ich werde ziemlich misstrauisch beobachtet, als ich in eine schmale Gasse abbiege.
Der Blick vom Fløyten hinunter nach Bergen. 
An was habe ich hier bloss gedacht ;-)?

Mittwoch, 16. Juli 2014

Radfahren über dem Meer - unterwegs auf der Küstenstrasse 17

Diese Strasse wird zu den schönsten Touristenstrassen der Welt gezählt. Auf etwa 650 Kilometern verbindet sie Bodø und Steinkjer, nicht zuletzt aufgrund der Streckenführung und insgesamt sieben Fährpassagen habe ich das Gefühl über dem Meer unterwegs zu sein. Ein Blick auf Tacho und Höhenmeter bestätigt meine Vermutung. 
Von den Lofoten starte ich früh morgens mit einer dreistündigen Fährüberfahrt nach Bodø, von hier geht es dann mit dem Rad weiter. Immer wieder ein Erlebnis: als Radfahrer bist du meinst der erste Passagier der sein Fahrzeug auf die Fähre bringen darf. Erst nach ein paar weiteren Minuten folgen dann die Autos - solange kann man theoretisch nach Herzenslust auf dem Schiff auf und ab radeln - ich parke meistens aber recht schnell. So ein grosser leerer Schiffsbauch hat was unheimliches... 
Wie auch die vielen Tunnel die es zu passieren gilt. Schlecht ausgeleuchtet, meistens feucht und kühl verlangt es jedes mal wieder ein klein wenig Überwindung in dieses schwarze Loch hineinzufahren und nicht zu wissen ob man da nun auch nach über drei Kilometern wieder rauskommt. Warnweste und Fahrradlicht leisten hier aber gute Dienste und herzhaftes lautet Gegröle im Tunnel meinerseits verscheucht nicht nur das mulmige Gefühl sondern verschreckt wohl auch meine Mitmenschen ;-). 
Die Küstenstrasse und vor allem die Fährpassagen haben aber auch so seine Tücken. Es ist fast unmöglich nervige andere Reiseradler abzuhängen - am zweiten Tag ist ein Engländer so von sich überzeugt, er hört gar nicht mehr auf von sich zu schwärmen. Ich fahre langsamer und lasse ihn ziehen. Endlich Ruhe! Leider muss er auf die Fähre warten, das ganze dreimal und dreimal habe ich meine Begleitung wieder. Als ich dann gegen späten Nachmittag einen Campingplatz anfahre wäge ich ab: entweder weitere 80 Kilometer auf dem Rad zum nächsten Campingplatz oder englische Gesellschaft. Ich fahre weiter, habe allerdings schon 80 Kilometer auf dem Tacho und den Blick nicht auf das kommende Höhenprofil geworfen. Tja... Es wurde die längste Etappe meiner Reise inklusive der meisten Höhenmeter und ich bin erschossen als ich nach dem WM Finalspiel mein Zelt aufbaue. Aber irgendwie bin ich auch zufrieden, denn so habe ich keinen Stress mein Etappenziel der nächsten beiden Tage zu erreichen und kann ganz entspannt weiterrollen. 
Meine letzte Nacht verbringe ich in Forvik auf einem kleinen Campingplatz mit angeschlossener Kaffeerösterei und am kommenden Morgen sehr leckerem Kaffee. Meine letzten Radkilometer sind entspannt und ich geniesse Sonne und Rückenwind. Ich bin viel zu früh in Brønnøysund wo ich am Nachmittag einschiffe und mich auf dem Weg nach Bergen mache. Diesmal ist das mitreisende Publikum gemischter und die kommenden beiden Seetage sind, auch dank Kabine die ich buchen konnte, entspannt. 


Morgenstimmung - von der Fähre nach Bodø
Einer der langen Tunnel - die ersten Meter wird jedes mal laut gesunden: "Tunnel, Tunnel - wenn du reinfährst wird es dunkel, wenn du raus fährst wieder hell".  
Lädt nicht zum verweilen ein ;-).
Über dem Meer unterwegs - die Sonne verschwindet langsam, hinter den Bergen. 
Ein letzter Sonnenuntergang vom Zelt aus beobachtet. 
Warten auf die Fähre - es geht wieder auf See! 

Freitag, 11. Juli 2014

Die Lofoten - grandiose Landschaften und Farben

Wow, es wurde mir nicht zu viel versprochen von den Lofoten. Vor allem das letzte Stück bis runter nach Å ist grandios. Die Strassen sind schmal, schlängeln sich immer an der Küste entlang und erlauben viele tolle Ausblicke. Dieses sonnige Wetter ist auch für die Lofoten eine Besonderheit und die vom Tourismus lebenden Menschen atmen erleichtert auf - die beiden vergangenen Jahre waren aufgrund schlechtem Wetters nicht einfach, denn die Besucher blieben weg. 
Und trotz der schwierigen Bedingungen hier sind die Menschen herzlich. Bei einer Grossbaustelle auf der Hauptstrasse werde ich angehalten, mir schwant nichts Gutes. Aber der Bauarbeiter fragt mich nur ob ich selbst weiterfahren möchte oder ob ich den Auto Shuttle für Radfahrer nutzen möchte. Ich entscheide mich für selbst fahren und bilde so das Schlusslicht einer langen Autokolonne - nur mein Begleitfahrzeug folgt mir noch. Alles läuft ruhig und gelassen ab und die Autos auf der anderen Seite müssen eben warten bis auch ich mit meinem Rad durch die Baustelle gefahren bin. Eine richtig ansteckende Gelassenheit auf den "Inseln"...
Abends koche ich mir dann eine Portion Nudeln mit Lachs. Die Küche ist allerdings nicht wirklich gut eingerichtet, aber meine Nudeln werden trotzdem fertig und es schmeckt sogar ;-). 




Donnerstag, 10. Juli 2014

Senja, Andøya und die Vesterålen

Irgendwann wird ja mal Ruhe auf dem Schiff einkehren, denke ich mir. Als das Schiff um 24 Uhr in Tromsø anlegt und immer noch reges Treiben herrscht, entscheide ich mich für ein wenig Sightseeing. Ein kleines charmantes Städtchen, wo um Mitternacht noch einiges los ist und sogar noch Eis verkauft wird. Nach diesem Ausflug kehrt dann auch Ruhe an Bord ein und ich suche mir in der Lounge einen Schlafplatz. Um 4:30 Uhr ist dann die Nacht vorbei und ich sitze kurze zeit später schon auf dem Fahrrad. Die Strassen auf der Insel Senja sind menschenleer und die Strecke bis Gryllefjord wunderschön, ein wenig profiliert vor allem die zweite Etappenhälfte. Mein Tagesziel ist heute Bleik, das liegt auf einer anderen Insel und ich werde wieder Fähre fahren. Aber da muss ich erst mal pünktlich ankommen! Der 1,5 Kilometer lange Tunnel ist gesperrt und so geht es alternativ weiter - knappe 200 Höhenmeter und 10 Kilometer oben drüber... Und das mit einem ständigen Surren im Ohr. Bei über 30 Grad herauffahren schwitze ich und das mögen sämtliche kleine Flugobjekte die es so gibt, sehr sehr nervig... Ich komme mir vor wie eine Kuh nur kann ich weder mit Ohren noch mit Schwanz wedeln und ich muss mich konzentrieren, damit ich nicht auf die Nase falle. Die Fähre erreiche ich aber trotzdem pünktlich und auch mit dem Campingplatz in Bleik habe ich einen richtig tollen Schlafplatz direkt an einem über zwei Kilometer langen Sandstrand. Ich schaffe es gerade noch das Zelt aufzubauen und Wäsche zu waschen, dann verschlafe ich das Deutschland Fussballspiel und wache erst am nächsten Morgen um 8 Uhr auf. Die letzten vier Nächte waren nicht wirklich lang, das habe ich gemerkt.
Die nächsten Etappen führen mich über Andøya und die Vesterålen bis auf die Lofoten. Ich habe Rückenwind und geniesse die Landschaft. Einfach herrlich, vor allem die Farben sind grandios! Ab und zu ein paar Radfahrer, die meisten kommen mir aber entgegen. Bei manchen Ausblicken denke ich das ich in der Karibik bin, das habe ich nicht in Norwegen erwartet. Während die Vesterålen überwiegend sehr lieblich und leicht wellig daherkommen, bekomme ich heute morgen als die Fähre in Fiskebøl anlegt einen kleinen Schock. Ich werde von hohen Bergen umzingelt - das kann ja was geben, ich sehe mich schon schwitzend ein paar Berge erklimmen. Aber alles halb so wild, bislang sind die Strecken zwar anspruchsvoll, aber noch gut zu fahren. Morgen soll sich das aber ändern, ich möchte Å erreichen.

Tromsø bei Nacht, aufgenommen um 0:44 Uhr. 
2,5 Kilometer feinster Sandstrand direkt vor meiner Tür, das Wasser ist aber sehr kalt...
Die Strassen schlängeln sich die Küste entlang und es gibt viel zu schauen! 
Ich habe es erst nicht gemerkt. Aber was surrt da? Als ich mich umdreht bekomme ich erstmal einen Schreck! So viele Viecher. Man gewöhnt sich an Geräuschkulisse und Viehzeug - zwangsläufig :-).
Kurz vor Sortland.
Ankunft auf den Lofoten. 

Montag, 7. Juli 2014

5:30 Uhr einschiffen - die Vorstellung beginnt

Zehn Minuten vor dem Wecker ist die Nacht bereits zu Ende, denn die Sonne scheint schon so intensiv auf mein Zelt das ich nicht mehr schlafen kann. Nach ein paar Kilometern Fahrt erreiche ich pünktlich die Fähre - Hurtigruten, auch bekannt als Postschiff und für Kreuzfahrten entlang der norwegischen Küste nördlich von Bergen.
Ich habe mich mental bereits auf diese Schifffahrt vorbereitet, denn Uwe hatte mir schon ein paar Storys erzählt. Und fast 24 Stunden an Bord sind keine kurze Zeit. Die Ankunft in Finnsnes ist für 4:30 Uhr morgen früh geplant. Eine Kabine für diese kurze Schlafzeit leiste ich mir nicht, dafür aber einen dreistündigen Frühstücksbüffetmarathon mit frischem Fisch, Ei, englischem Frühstück, Obst, Joghurt, Keksen, Kaffee, Saft, Salaten, Käsevariation, Wurst - sehr lecker! Und die Fahrt vorbei an atemberaubenden Küstenabschnitten, denn das Schiff entfernt sich nie sehr weit von der Küste. 
Schon beim Frühstück fällt mir auf: ich bin irgendwie anders. 
Frisch gestärkt mache ich mich an die Beobachtung der Mitreisenden. Viele ältere Menschen sind an Bord und ich kann mir gut vorstellen das ich diese Reise, wenn ich etwas älter bin, auch machen würde. Man sieht viel von der tollen Landschaft, das Essen ist top, man wird an Bord unterhalten und kann sich sein individuelles Ausflugprogramm zusammenstellen. Die meisten Passagiere sind friedlich, es gibt aber auch die auffälligen Exemplare: lautstark streitende Paare oder diskutierende Ansammlungen von Menschen um eine Champagnerflasche die sich meist auf Deutsch oder Schweizerdeutsch unterhalten, Frauen die ihren Männern schnell hinterherlaufen müssen oder Männer die da hinlaufen müssen wo Frau möchte. Auch den ein oder anderen misslungene Einsatz von schönheitsunterstützenden Mitteln - wie heisst nochmal das Zeug was keine Mimik mehr zulässt - kann ich beobachten. Beim Verlassen des Schiffes in Hammerfest, denn hier wird zwei Stunden pausiert, ein Gedränge vor dem Ausgang, jeder will der erste sein. Sekundenbruchteile nach Öffnen der Türen stockt dann aber der Verkehr, denn die Rampe an Land ist unerwartet steil und das geht doch nicht mehr so schnell wie gewünscht. Ab und zu entdecke ich aber auch Menschen, die sich wohl so ähnlich deplatziert vorkommen wie ich. Andere Radfahrer, normale Reisende und Biker sind natürlich auch an Bord und es gibt auch ein paar Kinder die ich an einer Hand abzählen kann. 
Mit dem Schiff zu Reisen entspannt und macht mir Spass. Es hat ein bisschen etwas unwirkliches, ist amüsant und spannend. 
In Hammerfest gehe auch ich von Bord, bewaffnet mit dem Fotoapparat. Ich schlendere kurz durch das Städtchen und werde Mitglied der "royal and ancient polarbear society", dem Eisbärenclub in Hammerfest. Kommenden Januar ist Jahreshauptversammlung, da muss ich dann wohl wieder einfliegen. Die beste Zeit um Polarlichter zu beobachten! 
Morgenstimmung auf dem Weg zum Hafen und... 
Morgenstimmung am Hafen. 
Mit dem Schiff bin ich nun schon das zweite mal unterwegs. 
Noch ist das Deck leer und ruhig. Hier wird es heute noch richtig voll! 
Meine neue Sonnenbrille. Die hat Uwe am Strassenrand gefunden und mir geschenkt - die Brille stand ihm einfach nicht (konnte ihn davon überzeugen...) ;-)
Mitglied im Eisbärenclub - inklusive versilbertem Eisbären Anstecker. 

Sonntag, 6. Juli 2014

4516.91 Kilometer und 26.827 Höhenmeter später...

Von Alta geht die Reise weiter nach Olderfjord. Das Wetter lädt nicht wirklich zum weiterfahren ein, aber ein Blick auf die Prognose verrät mir das ich optimistisch weiterfahren sollte - noch zwei Tage und es kommt wieder Sonnenschein. Die meisten Radfahrer die bereits am Nordkapp waren warnen mich, es ist sehr kalt dort oben und ich brauche unbedingt Handschuhe und warme Bekleidung!
Die folgende Etappe nach Olderfjord ist sehr anstrengend, denn es geht ordentlich bergauf und die Landschaft ist unwirklich, karg und nicht einladend. Das Wetter tut sein übriges und ich finde erst nach 93 Kilometern einen Platz zum aufwärmen. Mein Gesicht glüht vom Wind und von der Kälte. Abends komme ich dann ziemlich geschafft in Olderfjord an und ergattere in einem kleinen Supermarkt noch einen Liter Milch. So kann ich mir den Tütenmilchreis machen und da habe ich jetzt richtig Appetit drauf. Der Campingplatz liegt an der Hauptstrasse und ist ein typischer Durchgangsplatz - hier bleiben die wenigsten Menschen länger als eine Nacht. So auch die beiden Radfahrer die ich kennenlerne. Felix wird am folgenden Tag nach Alta weiterradeln und Uwe genau wie ich zum Nordkap. Er möchte allerdings die westliche Route nehmen, eine ausgewiesen schöne Strecke - vor allem für Radfahrer. Man erspart sich den unangenehmen Autotunnel auf die "Nordkappinsel" und fährt stattdessen mit der Fähre hinüber. Kurzentschlossen fahre ich am nächsten Morgen zusammen mit Uwe weiter - das Tempo passt und menschlich verstehen wir uns gut. Einer der wenigen Radfahrer mit dem ich etwas anfangen kann, vielleicht auch weil ich Uwe gern reden hören - er kommt aus Köln. Der Ort den wir als Etappenziel ansteuern bietet keinen Campingplatz, dafür aber eine öffentliche Aufenthaltshütte der Fährgesellschaft inklusive Dusche, Toilette, Waschmaschine, Trockner und Sofa. Auch ein paar Hotels sind vor Ort, aber die Preise schrecken uns ab. Wir investieren die für die Übernachtung gesparten Ressourcen in einen leckeren Hamburger im Dorfpub - denn es wird dort Fussball übertragen... In der Halbzeitpause gibts noch ein Eis und einen Kaffee. 
Am nächsten Morgen kommt dann mit einem ohrenbetäubenden Hupen die Hurtigrutenfähre in den Hafen gefahren. Ganz unproblematisch geht man an Bord, löst sein Ticket und fährt mit. Die Fahrt dauert etwa zwei Stunden und bringt uns gegen Mittag nach Honningsvåg. Unser Basislager errichten wir auf dem etwas ausserhalb gelegenen Campingplatz - denn die Strecke zum Nordkap hoch ist zwar mit etwa 30 Kilometern nicht wirklich weit, aber anspruchsvoll denn es sind um die 700 Höhenmeter zu bewältigen - auf der Rückfahrt dann nur etwa 600 Höhenmeter... Das Wetter ist klasse und wir entschliessen uns nach einer kleinen Stärkung bereits aufzubrechen, am Kap zu picknicken und dann in der Nacht zurückzufahren. Gesagt - geradelt, nach guten 2 1/2 Stunden kommen wir am Nordkapp an! Ich bin ziemlich kaputt aber auch sehr glücklich. Noch ist es ruhig und wir haben Zeit für ein paar schöne Fotos. Dann kommen die Busse - Wahnsinn! Binnen kurzer Zeit steht man sich auf den Füssen, aber dieser Zustand ist zeitlich begrenzt, denn die Bustouristen werden ja alle wieder pünktlich um 0:30 Uhr in ihre Betten gebracht. Für Uwe und mich steht - nach einer weiteren Fotosession - dann noch der Rückweg auf dem Programm. Nur leider haben wir nicht mit solch einem Gegenwind gerechnet... Es geht merklich den Berg hinunter, aber warum müssen wir treten um mit unglaublichen 6 km/h von der Stelle zu kommen?! Um 4:30 Uhr erreichen wir den Zeltplatz. Aufgedreht und ziemlich platt. Die Nachtfahrt war ein besonderes Erlebnis, denn die Sonne scheint und auch die Temperaturen sind angenehm. Wir haben grosses Glück mit dem Wetter! 
Auch der heutige Ruhetag besticht durch Sonnenschein und heisse Temperaturen - kurze Klamotten sind angesagt und ich schwitze bei guten 20 Grad vor mich her und teste schon einmal das norwegische Eis, denn das Wetter soll so bleiben... Morgen früh um 5:30 Uhr nehme ich die Fähre in Richtung Süden, während Uwe nach Alta fährt und dort am Sonntag in den Flieger nach Hause steigt.
Sehr kalt und ordentlich Wind auf dem Weg nach Olderfjord machen die Etappe zu einer zähen Angelegenheit. 
Mitternachtstimmung in Havøysund.
Milchreis und Marmelade aus der Tube - das schreit förmlich nach blöden Tätigkeiten ;-) 
Kurze Hosen, Sonnenschein, blauer Himmel - das bekommt man nur selten geboten am Nordkap.
Gegenwind auf der Rückfahrt um drei Uhr morgens - whaaa! Ich werde nicht absteigen ;-)
Grandiose Stimmung mitten in der Nacht, ein ganz spezielles Licht.
Ruhetag am Hafen von Honningsvåg. 

Mittwoch, 2. Juli 2014

Norwegen begrüsst mich mit Bergen und Kultur

Finnland verlasse ich sehr schnell wieder, denn es war nur ein kleiner Teil durch den ich durchgeradelt bin. Kurzfristig war ich etwas verwirrt, denn die Uhrzeit hatte sich in Finnland geändert. Aber das passte sich direkt nach die norwegischen Grenze wieder an und so langsam wurde die Landschaft hügeliger, dann bergiger und ich brauche schon wieder anderes Geld :-). In Kautokeino mache ich gegen Mittag einen kurzen Stopp und bestelle mir an einem Campingplatz einen Kaffee. Die Mädels welche schon dort sitzen und Kaffee trinken sind nett und machen so tolle Werbung für diesen kleinen Ort das ich mich entschliesse dort zu übernachten. Zwar ein bisschen früh, aber das macht mir nichts. Als besondere Empfehlung schaue ich mir die Silvergallery am Rande der Stadt an, dort gibt es ein Mosaik an welchem ein älterer Mann seit über dreissig Jahren arbeitet und er ist noch lange nicht fertig! Und jede Menge tollen Schmuck, interessante Architektur und einen tollen Ausblick auf die Stadt. 
Am Abend lädt eine nette Dame in samischer Tracht in einer Goahti zum Kaffee ein. Sie erzählt viel über ihre Kultur und über das Leben der Samen heute. Ich bleibe ziemlich lange sitzen, denn es ist sehr spannend. Meine Klamotten riechen beim Verlassen des Zeltes so sehr nach Rauch - in der Mitte des Zeltes wird Feuer gemacht - das ich keine Mücken mehr fürchten muss...
Da ich am Vortag also etwas faul war und nur wenige Kilometer abgestrampelt habe, stand am nachfolgenden Tag eine sehr lange Etappe auf dem Programm, mit viel Gegenwind und ein paar Hügeln bis an die Küste nach Alta. Und so langsam wird es auch so, wie ich mir Norwegen vorstelle... Ich stehe früh auf und trete in die Pedale, zwei Zwischenstopps zum stärken und neun Stunden später komme ich in Alta auf einem schönen Campingplatz an. Der letzte Teil der Strecke führt an einem kleinen Fluss lang, der sich zum Strom entwickelt und einen ziemlich tiefen Canyon in die Landschaft gefressen hat. Es geht bergab in Richtung Küste und ich sause den Canyon entlang und geniesse die Landschaft. 
Heute schiebe ich dann einen Ruhetag in Alta ein und schaue mir das Städtchen an, welches für einige Jahre die weltweit nördlichste Ortschaft mit über 10.000 Einwohnern war. Auch die Felsritzungen und die Wanderung auf einen tollen Aussichtspunkt lasse ich mir nicht entgehen. Und meine Fahrradkette benötigt ein bisschen Pflege und ein wenig mehr Spannung, das erste mal das ich am Rad schrauben muss.

Heute wird nicht gearbeitet, nur manchmal kann man dem alten Mann über die Schultern schauen.
Ein holländisches Pärchen war von dieser Unterhaltung so begeistert, das wir kurzerhand fotografiert wurden. Kommunikation mit Händen und Füssen...
Da geht's runter! Eine spannende Abfahrt folgte...
Ich tausche meine Radschuhe gegen Wanderschuhe und bekomme einen Rundumblick über den Fjord. 
Ein Teil der Ritzungen wurden in Rot gefärbt damit man sie besser erkennen kann. Heute werden sie naturgetreu belassen -

Sonntag, 29. Juni 2014

Arbeitsloses Navigationsgerät und viel Mücken in Finnland

Mit riesigen Schritten geht es jetzt in Richtung Norden und meine Ankunft am nördlichsten Punkt Europas ist mittlerweile planbar geworden. Und damit natürlich auch die Rückreise, zu der ich mir in den letzten Tagen vermehrt Gedanken gemacht und Informationen gesammelt habe. Aber eines nach dem andern...
Meine Weiterreise von Gällivare verläuft sehr navigationsarm nach Vittangi. Das dies ein sehr einfacher Campingplatz werden würde hatte ich recherchiert. So war es dann auch. Zwar wunderschön direkt am See gelegen waren die Anlagen ziemlich verfallen und luden nicht wirklich zum Aufenthalt ein. Ich habe daher mein Abendessen - leckeres Lachsbrot - im Zelt gegessen. Hätte ich gewusst das ich noch ein weiteres mal Abendessen würde, hätte ich wohl nicht noch die ganze Kekspackung hinterher gefuttert. Der Campingplatzwärter und sein Arbeitskollege luden mich zum Grillen ein, was ich dankend annahm. Die beiden kommen aus Estland, arbeiten seit sieben Jahren in Schweden und sprechen russisch miteinander. Spätestens nachdem mir ein Wodka angeboten wurde, kamen Erinnerungen an Moskau dieses Jahr wieder in mein Gedächtnis und ich habe mich dann wohlwissend zurückgehalten.
Am nächsten Tag geht die Reise etwas später als gewohnt weiter, meine Karte bleibt heute bis auf ein mal ganz zu Beginn in der Tasche. Denn es ist recht einfach: "Folgen Sie der E45, nach 110 Kilometern haben Sie ihr Ziel erreicht." Idiotensicher erreiche ich dann mein nächstes Etappenziel in Karesuando, direkt an der finnischen Grenze. Ich geniesse den zweiten Teil dieser Etappe, die Landschaft lädt zum Träumen ein. Der Campingplatz ist knuffig um ein schönes schwedisches Wohnhaus organisiert und wird von einem älteren Ehepaar geführt. Die Sanitäranlagen sind liebevoll eingerichtet und sehr sauber. Ich zelte direkt am Haus, gegenüber ein Hamburger mit dem ich am nächsten Morgen noch kurz ins Gespräch kommen.
Die letzte Nacht hat mein Magen etwas gegrummelt, da ich mir nicht sicher bin was mir nun nicht bekommen ist entsorge ich vorsichtshalber fast alles was in Frage kommen könnte. Auch sonst bin ich hier mittlerweile skeptisch beim Einkaufen, denn man merkt deutlich das die Geschäfte anscheinend nicht täglich beliefert werden. Gerade frische Produkte sind ab und zu schon etwas matschig. Die Möglichkeiten mich zu verpflegen haben seit zwei Tagen rapide abgenommen, heute Abend gab es das gesündeste was ich finden konnte: Knäckebrot mit Käse und Marmelade, als Nachtisch einen Joghurt.
Das Wetter ist heute herrlich, teilweise über 25 Grad warm. Das gefällt auch den Mücken und seit zwei Tagen lerne ich diese kleinen Tierchen besser kennen, was nicht schwer ist denn es sind viele... Aber ein Mix aus Anti Brumm und schwedischer Chemie hilft recht gut und so sirren die Viecher zwar um mich herum, stechen aber nur selten. Aufgrund der Mücken und auch mangelnder Möglichkeiten mache ich so gut wie kaum Pausen und fahre praktisch die Etappen komplett durch. Auch sonst hat sich einiges geändert: man versteht und spricht weniger Englisch, die Landschaft ist sandig und seicht hügelig und ich habe heute das erste mal wieder Euros in der Hand. Nur die Rentiere ticken wie in Schweden: sie sind neugierig und vor Radfahrern haben sie keine Scheu, selbst klingeln und rufen bewegt sie nicht von der Strasse. Da musste dann das nächste Motorfahrzeug kommen und die Herde rennt panisch in die nächste Strasse - linksrum in Richtung Flughafen, wobei das letzte Tier die Kurve zu schnell nimmt und sich ziemlich unsanft auf die Nase legt...
Ich komme aus Gällivare und möchte weder zum Flughafen noch nach Kiruna...
Leckeres Gegrilltes das in der Nacht noch zweimal erwärmt und in Etappen verspeist wird. 
Solche Spielereien fallen nur einem Radfahrer ein, der zu lange gerade aus fährt - fang den Schokoriegel :-)
Heute morgen ging es direkt nach Finnland, der Schlafplatz lag nur 200 Meter entfernt.
Ein finnisches Café, heute Mittag besucht - ausser Fisch in jeglichen Variationen gab es noch Kaffee und Souvenirs. 
Da hat das Motorrad kurzfristig Rentierpower - aber die wollten links, Richtung Flughafen. 
Wenn das Strassennamen sind: hui da möchte ich deine Adresse nicht aufnehmen müssen ;-)