Sonntag, 29. Juni 2014

Arbeitsloses Navigationsgerät und viel Mücken in Finnland

Mit riesigen Schritten geht es jetzt in Richtung Norden und meine Ankunft am nördlichsten Punkt Europas ist mittlerweile planbar geworden. Und damit natürlich auch die Rückreise, zu der ich mir in den letzten Tagen vermehrt Gedanken gemacht und Informationen gesammelt habe. Aber eines nach dem andern...
Meine Weiterreise von Gällivare verläuft sehr navigationsarm nach Vittangi. Das dies ein sehr einfacher Campingplatz werden würde hatte ich recherchiert. So war es dann auch. Zwar wunderschön direkt am See gelegen waren die Anlagen ziemlich verfallen und luden nicht wirklich zum Aufenthalt ein. Ich habe daher mein Abendessen - leckeres Lachsbrot - im Zelt gegessen. Hätte ich gewusst das ich noch ein weiteres mal Abendessen würde, hätte ich wohl nicht noch die ganze Kekspackung hinterher gefuttert. Der Campingplatzwärter und sein Arbeitskollege luden mich zum Grillen ein, was ich dankend annahm. Die beiden kommen aus Estland, arbeiten seit sieben Jahren in Schweden und sprechen russisch miteinander. Spätestens nachdem mir ein Wodka angeboten wurde, kamen Erinnerungen an Moskau dieses Jahr wieder in mein Gedächtnis und ich habe mich dann wohlwissend zurückgehalten.
Am nächsten Tag geht die Reise etwas später als gewohnt weiter, meine Karte bleibt heute bis auf ein mal ganz zu Beginn in der Tasche. Denn es ist recht einfach: "Folgen Sie der E45, nach 110 Kilometern haben Sie ihr Ziel erreicht." Idiotensicher erreiche ich dann mein nächstes Etappenziel in Karesuando, direkt an der finnischen Grenze. Ich geniesse den zweiten Teil dieser Etappe, die Landschaft lädt zum Träumen ein. Der Campingplatz ist knuffig um ein schönes schwedisches Wohnhaus organisiert und wird von einem älteren Ehepaar geführt. Die Sanitäranlagen sind liebevoll eingerichtet und sehr sauber. Ich zelte direkt am Haus, gegenüber ein Hamburger mit dem ich am nächsten Morgen noch kurz ins Gespräch kommen.
Die letzte Nacht hat mein Magen etwas gegrummelt, da ich mir nicht sicher bin was mir nun nicht bekommen ist entsorge ich vorsichtshalber fast alles was in Frage kommen könnte. Auch sonst bin ich hier mittlerweile skeptisch beim Einkaufen, denn man merkt deutlich das die Geschäfte anscheinend nicht täglich beliefert werden. Gerade frische Produkte sind ab und zu schon etwas matschig. Die Möglichkeiten mich zu verpflegen haben seit zwei Tagen rapide abgenommen, heute Abend gab es das gesündeste was ich finden konnte: Knäckebrot mit Käse und Marmelade, als Nachtisch einen Joghurt.
Das Wetter ist heute herrlich, teilweise über 25 Grad warm. Das gefällt auch den Mücken und seit zwei Tagen lerne ich diese kleinen Tierchen besser kennen, was nicht schwer ist denn es sind viele... Aber ein Mix aus Anti Brumm und schwedischer Chemie hilft recht gut und so sirren die Viecher zwar um mich herum, stechen aber nur selten. Aufgrund der Mücken und auch mangelnder Möglichkeiten mache ich so gut wie kaum Pausen und fahre praktisch die Etappen komplett durch. Auch sonst hat sich einiges geändert: man versteht und spricht weniger Englisch, die Landschaft ist sandig und seicht hügelig und ich habe heute das erste mal wieder Euros in der Hand. Nur die Rentiere ticken wie in Schweden: sie sind neugierig und vor Radfahrern haben sie keine Scheu, selbst klingeln und rufen bewegt sie nicht von der Strasse. Da musste dann das nächste Motorfahrzeug kommen und die Herde rennt panisch in die nächste Strasse - linksrum in Richtung Flughafen, wobei das letzte Tier die Kurve zu schnell nimmt und sich ziemlich unsanft auf die Nase legt...
Ich komme aus Gällivare und möchte weder zum Flughafen noch nach Kiruna...
Leckeres Gegrilltes das in der Nacht noch zweimal erwärmt und in Etappen verspeist wird. 
Solche Spielereien fallen nur einem Radfahrer ein, der zu lange gerade aus fährt - fang den Schokoriegel :-)
Heute morgen ging es direkt nach Finnland, der Schlafplatz lag nur 200 Meter entfernt.
Ein finnisches Café, heute Mittag besucht - ausser Fisch in jeglichen Variationen gab es noch Kaffee und Souvenirs. 
Da hat das Motorrad kurzfristig Rentierpower - aber die wollten links, Richtung Flughafen. 
Wenn das Strassennamen sind: hui da möchte ich deine Adresse nicht aufnehmen müssen ;-) 

Donnerstag, 26. Juni 2014

Get together auf der E45...

Über Jokkmokk und ein erstklassiges Frühstück in einem tollen Café mit Käsebrot, Kaffee und einer kleinen süssen Spezialität des Hauses geht es heute das erste mal den ganzen Tag auf eine E Strasse. Was so weit nördlich nicht weiter tragisch ist, denn es ist kaum Verkehr und mich überholen nur unregelmässig ein paar Autos. 
Gestern habe ich kurz vor Jokkmokk den nördlichen Polarkreis überfahren, ziemlich unspektakulär. Nur ein paar Schilder, ein paar Fahnen und ein paar Erklärungen in ein paar Sprachen. Ich hatte es mir etwas kälter vorgestellt, aber seit ein paar Tagen werde ich von der Sonne regelmässig verwöhnt und es regnet nicht mehr. Konstant gutes Radlerwetter bei um die 10 Grad. Aber immer eine leichte Brise aus Nord / Nord / Ost, habe mich daran gewöhnt. 
Die Strecken werden immer länger, aber nicht menschenleer. Es ist einfach nur etwas weniger los, alle 50 Kilometer finde ich einen Supermarkt vor - ob der dann auch geöffnet ist steht auf einem anderen Blatt :-). Die Etappe heute von Jokkmokk nach Gällivare ist landschaftlich abwechslungsreich und interessant, es geht auf und ab und immer mal wieder an einem gigantischen Wasserkraftwerk vorbei. Schweden gewinnt knapp über die Hälfte der erzeugten elektrischen Energie aus Wasserkraft! Im Hintergrund kann ich noch komplett schneebedeckte Berge erkennen, die kleineren Hügel die ich umrunde sind um die 800 Meter hoch und haben nur noch an ein paar Stellen weisse Flecken. 
Irgendwo im nirgendwo wird dann auch die Ente auf einmal schneeweiss und verkriecht sich in meine Lenkertasche. Ein Fuchs quert die Strasse und läuft im Strassengraben noch ein paar Meter neben mir her. Hat die Ente aber nicht bekommen, sie liegt schon wohlbehalten im Zelt und schnarcht. Eine halbe Stunde später werde ich nervös, denn am rechten Strassenrand taucht ein Elch auf der sich dann aber nach abchecken der Lage geschmeidig in den Wald zurückzieht. Und dann wird ein Autofahrer nervös, der kann nämlich gerade noch bremsen als ein Rentier über die Strasse spaziert. Und alle schauen mich interessiert an - etwa noch nie einen Radfahrer gesehen?!
Die Landschaft hier oben spricht mich an. Ich fühle mich wohl und aufgehoben, obwohl es offensichtlich ein raues Klima ist. Das merkt man auch an den Menschen. Sie sind auf den ersten Blick eher grummelnd und zurückhaltend mit einem Gruss, sprechen dich aber an sobald du vom Rad absteigst.

So weit im Norden war die Ente noch nicht...
Fuchs...
Elch...
Rentier - get together auf der E45;-)

Dienstag, 24. Juni 2014

Ein letzter Blick auf Ostsee und Zelt...

Nachdem in der Nacht von Sonntag auf Montag gleich zwei weitere Zeltstangen gebrochen sind und ich nun in einem tiefer gelegten Zelt übernachtet habe - mir blieb nichts anders übrig als die defekten Teile komplett zu entfernen - habe ich endgültig genug und meine Geduld ist bei unter Null angekommen. Seit Tagen behandle ich meine Unterkunft wie ein rohes Ei und was ist der Dank? Grrrr... Selbst wenn das Ersatzteilpaket mich in Luleå erreicht, würden die Ersatzteile nicht mehr ausreichen um alles zu reparieren. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und nach kurzer Fahrt mache ich mich in Luleå auf die Suche nach der Poststation. Die gibt es seit neuestem nicht mehr, denn es wird umstrukturiert und die Post ist nun in kleinen Zeitschriften- oder Tabaklädchen zu finden. Nur in welchem? Jetzt beginnt meine Suche quer durch das Städtchen, ich klappere sieben Läden ab. Von DHL, UPS bis hin zur staatlichen schwedischen Post in mehreren Geschäften: mein Paket ist nirgends auffindbar. Dafür ein Outdoorshop mit freundlichem, sehr hilfsbereitem Personal. Nach dem Versuch die Zeltstangen zu reparieren wird schnell klar das diese Vorhaben äusserst suboptimal und teuer wäre. Nun bin ich Besitzer eines durch und durch schwedischen Zeltes - made in Schweden und gekauft in Schweden. Das ausgediente Zelt ist per Post (nach zwei Stunden Wartezeit, denn die Aufkleber für Auslandsporto mussten erst noch geholt werden) auf dem Weg nach Hause. Denn der Fachmann bestätigte mir beim Anblick der defekten Teile, dass es sich um einen Materialfehler handelt und nicht um unsachgemässe Handhabung, was mir ja schon das ein oder andere mal unterstellt wurde: Ines bekommt schliesslich alles kaputt :-). Und da es kein billiges Zelt war hoffe ich die Garantieleistungen in Anspruch nehmen zu können. 
Mittlerweile ist es Montag Nachmittag geworden. Ich möchte nicht in Luleå bleiben, denn die Ausgangsposition für die nächste Etappe wäre nicht ideal. Da mir die Dunkelheit nicht in die Quere kommt - das ist bei Radreisen oft ein limitierende Faktor zum Fahren - radele ich weiter bis nach Boden. Auf dem Weg erschrecke ich noch einen Elch am Strassenrand, diesmal mit grossem Geweih, der rennt dann aber ziemlich schnell in den Wald hinein. Bei den langen geraden Strecken bleibt viel Zeit zum studieren: ich bin mir fast sicher das die Sonne jetzt gar nicht mehr ganz untergeht. Erlebt habe ich das zwar noch nicht direkt, aber immer wenn ich wach werde ist es hell im Zelt. Ich könnte ja auch mal komplett durch die Nacht fahren, das lässt sich sicherlich noch einrichten... 
Die Provinz in die ich mich langsam hineinbegebe heisst Norrbottons län und hier leben laut Wikipedia zwei Einwohner pro Quadratkilometer. Nicht wirklich viel, aber: einen grossen Schiessstand gibt es hier und da ich direkt vorbeifahre, möchte ich doch sehen wo wir unsere Mädels und Jungs ab und zu mal hinschicken. 
Nach kurzer weiterer Fahrt finde ich dann auch den anvisierten Campingplatz in Boden. Eine Kleinstadt mit militärischem Flair, hier ist ein wichtiges militärisches Ausbildungszentrum der Schweden. Ich entschliesse mich hier einen Ruhetag einzulegen, die Wäsche zu waschen und vor allem die weitere Route zu planen. Jetzt werden die Etappen wesentlich länger - morgen stehen circa 130 Kilometer auf dem Plan in Richtung Jokkmokk. Da möchte ich dann unbedingt ein Café besuchen, was mir vor ein paar Wochen eine nette Verkäuferin in Rostock empfohlen hatte. 
Die Ostsee werde ich von nun an nicht mehr sehen, das nächste Meer ist die Barentssee, ein Randmeer des arktischen Ozeans.  

2,5 Kilometer bis zur nächsten Kurve - in beide Richtungen. 
Der Schiessstand in Boden, gerade trainiert das Militär. Fotos sind nicht so gern gesehen... 
Mein neues Zelt - aussen grün und innen gelb. Etwas grösser als das alte Zelt, Packmass und Gewicht dafür etwas geringer. Bisweilen noch voll funktionsfähig und standfest ;-)... 

Samstag, 21. Juni 2014

Mittsommerfest - der längste Tag des Jahres wird gefeiert

20. Juni, heute ist Mittsommerabend! Ich habe mich natürlich schlau gemacht und aus Gesprächen mit diversen Schweden bekomme ich eine ziemlich klare Vorstellung über die Wichtigkeit dieses Festes. Vom schwedischen Nationalfeiertag am 06. Juni wollte keiner was wissen, aber Mittsommer - da wird gefeiert!
Also fülle ich meine Lebensmittelvorräte auf und ab geht die Reise. Das Wetter ist wieder unbeständig und es ist merklich kühl geworden. Am Vorabend habe ich mir zwei mögliche Etappenziele ausgesucht, eines an der Küste nach etwa 75 Kilometern und eines im Landesinneren - was der direktere Weg wäre - nach etwas 100 Kilometern zu erreichen. Mut zur Lücke, ich fahre von der Küste weg ins Landesinnere. Die Strassen sind matschig, es ist ungemütlich und die Möglichkeiten zum aufwärmen sind immer weiter entfernt. Um kurz vor vier Uhr treffe ich dann in Åkullsjön auf ein offenes Geschäft in dem es auch warme Getränke gibt. Die schick gekleidete Dame an der Kasse sieht aus als wenn sie auf dem Sprung zur Mittsommerfeier ist und dem ist auch so, um vier wird eigentlich geschlossen. Eigentlich, denn in dem kleinen Örtchen ist nicht wirklich viel los und ich werde ausgefragt - und ich frage natürlich auch und bekomme eine Empfehlung für ein tolles Café das ich unbedingt besuchen soll und eine Campingmöglichkeit im Nachbarort. Der Nachbarort heisst Bygdsiljum und liegt etwa 12 Kilometer entfernt. Vorher soll ich mir aber unbedingt noch den grössten und nördlichst gelegenen Rosengarten anschauen. Ein deutscher Einwanderer hat offensichtlich eine Schwäche für Rosen und so findet man in seinem Garten 137 verschiedene Sorten Rosen... Ich sehe zwar nicht viel, denn die Rosen blühen noch nicht, aber ich war da :-)...
Als ich dann in Bygdsiljum ankomme denke ich zuerst an Asterix und Obelix - dieser Ortsname erinnert mich einfach an ein befestigtes Römerlager. Ich finde auch den Campingplatz direkt am See und ich möchte in diesem Örtchen übernachten, 20 Kilometer vor meinem eigentlichen Etappenziel. Doch was ist das für ein Campingplatz? Nur ein Wohnwagen da, keine richtige Infrastruktur, keine Rezeption. Von einer Frau erfahre ich das ich mich in dem Kaffee "da hinten" melden soll. Mache ich dann auch, aber da weiss man auch nicht so richtig viel und ich bekomme einen Zettel mit einer Telefonnummer in die Hand gedrückt. Ich soll dort anrufen, nur nimmt niemand ab. Logisch, es ist mittlerweile 17 Uhr, Mittsommerabend und da wird dem Brauch folgend lecker mit der Familie zusammen gegessen. Um mein Entscheidung ein wenig anzukurbeln bestelle ich mir zwei Kugeln Eis. Die Bedienung - sie heisst Irmiz - schaut mich an und ich bekomme drei Kugeln und noch eine Portion selbst gemachtes Softeis obendrauf. Puh - ich entschliesse mich nicht mehr weiter zu radeln und werde mein Zelt einfach mal aufbauen. Doch wie komme ich in die Dusche und Toilette? Gar nicht - ich freunde mich ganz langsam mit der nahegelegenen See Badewanne an. Aber bei 8 Grad? Definitiv nicht, heute muss eine kleine Wäsche ausreichen. Die einzige Möglichkeit ist die Toilette im Café, ich frage dort ob ich mich waschen darf und bekomme kurzerhand die Personaldusche angeboten und danach von Irmiz eine Einladung zum Abendessen. Sie wohnt direkt gegenüber und ich soll um acht Uhr vorbeikommen - wenn ich nichts anderes vorhabe. Und wenn ich Hunger habe soll ich diesen auch mitbringen, denn ihre Chefin hat ihr die Lasagne vom Mittag mitgegeben und die muss noch weg.
Pünktlich um acht Uhr klingele ich dann an der Haustüre, die gar nicht abgeschlossen war. Die Polizistin wohnt direkt gegenüber und die 300 Einwohner des Dorfes kennt man schliesslich. Irmiz kommt eigentlich aus Venezuela und Peter aus Bygdsiljum, die beiden haben sich über das Internet kennen und lieben gelernt. Den Mittsommerabend verbringen wir gemeinsam. Peter hat lecker gegrillt und es gibt typische schwedische Leckereien auf dem Tisch, die Lasagne passt wahrscheinlich nicht ganz dazu, schmeckt dafür aber umso leckerer... Bei Marabou Orange Krokant Schokolade - die Lieblingssorte von Peter und auch einer meiner Favoriten ;-) - unterhalten wir uns noch bis spät in die Nacht. Für den nächsten Morgen bekomme ich noch zwei selbst gebackene Cupcakes mit und für den nächsten Abend eine Portion Lasagne. 
Mit den Cupcakes starte ich dann heute in den Tag und es waren die besten Cupcakes die ich je gegessen habe - was auch immer da in der Creme auf den kleinen Leckereien verarbeitet wurde: das schmeckt einfach klasse und bringt Energie für die folgende 100 Kilometer Etappe nach Byske. Um das Abendessen brauchte ich mich nicht zu Sorgen, die Lasagne mache ich mir in der Mikrowelle warm und nun kann ich mir doch tatsächlich noch das Deutschlandfussballspiel anschauen. Denn ich bin auf einem 5* Campingplatz gelandet und da gehört das zum Standard...

Regen und matschige Strassen... Schlamm- und Wasserschlacht :-) 
Das Café habe ich dann irgendwie doch verpasst...
Der Blick abends aus dem Zelt: das schwarze grosse Haus links ist das Café, das gelbe grosse Haus daneben der Dorf Supermarkt, zwei Häuser weiter rechts wohnen Irmiz und Peter und im Haus ganz recht feiern ein paar Jugendliche noch bis in die frühen Morgenstunden friedlich die kürzeste Nacht des Jahres - viel grösser ist der Ort dann auch nicht...
Nach unzähligen Versuchen mit allen Handys war das noch das gelungenste Foto - es war spät :-)

Donnerstag, 19. Juni 2014

Going North - und langsam kommt Betrieb auf :-)

Für den vergangenen Ruhetag habe ich mir einen schön gelegenen, aber sehr windanfällige Campingplatz in Härnösand ausgesucht. Nach meiner Ankunft am Sonntag und einer ausgiebigen Dusche komme ich zurück zum Zelt und da steht doch tatsächlich ein anderes Zelt nebenan inklusive zwei Fahrrädern. Ute und Bert fahren in Etappen einmal um die Ostsee und sind dieses mal in Umeå südwärts gestartet. Ihr täglicher Newsletter hat nun einen neuen Abonnenten...
Die beiden fahren am nächsten Tag weiter, ich schiebe meinen Ruhetag ein und nutze die Zeit um meine Lebensmittellagerung zu optimieren. Ich bin nun stolzer Besitzer einer rechteckigen 1,75 Liter Plastikdose, hergestellt in der Schweiz - gekauft in Schweden. Das hätte man ja auch einfacher haben können... Ich kaufe nun nicht mehr jeden Tag ein, sondern kann meine angebrochenen Lebensmittel optimal lagern, bei den Temperaturen hier ist das unproblematisch und nun auch gut sortiert. Und so gibt es jetzt abends meistens leckeres süssen Butterbrot und dazu ein bisschen Gemüse. Beim Einkaufen im gut sortierten Gross-ICA ist mir dann ganz eindeutig aufgefallen, dass dies ein schwedischer Supermarkt ist - ich steh vor Regalen voll Knäckebrot. In allen Geschmacksrichtungen und Formen, für Morgens, Mittags und Abends. Hier wird praktisch zu jeder Gelegenheit Knäckebrot gereicht und auch gegessen. Und dazu gibt es Aufstrich aus der Tube, ich habe mich mal herangetraut - Camembert mit Honignote - diese Tube hat den Weg in meine Tupperdose nicht geschafft. Zurück am Campingplatz windet es mittlerweile so stark das ich mich entschliesse mit dem Zelt in eine windstillere Ecke zu zügeln. Noch eine schlaflose Nacht möchte ich mir ersparen. Wind der gegen die Zeltplane prallt kann ganz schön laut sein! Den Tag lasse ich dann in der zugigen Aufenthaltshütte beim WM Fussballspiel ausklingen. Das Wesentliche bekomme ich mit, sonst verstehe ich nur schwedisch ;-).
Am nächsten morgen ist es dann richtig kalt und ungemütlich ausserhalb des Schlafsackes und ich muss mich zum Aufstehen zwingen. Mittlerweile bin ich richtig schnell und brauche mit routinierten Handgriffen keine 5 Minuten mehr bis meine Schlafstätte optimal verpackt ist. Vor allem meine Hände leiden zur Zeit am meisten: vom Wind, dem Regen, der Kälte und durch das ständige Schalten am Drehgriff ist vor allem die rechte Hand stark in Mitleidenschaft gezogen. Über Tag fängt es dann an zu regnen und es hört erst auf als das Zelt abends wieder aufgebaut ist. Diese Regenetappe führt mich durch das bekannte Höga Kusten Naturschutzgebiet, seit 2000 Weltnaturerbe. Über gleichnamige Hängebrücke darf ich mit meinem Rad leider nicht fahren, aber dafür kann ich noch ein Foto von der Brücke machen. Auch bei diesem Katzenwetter sieht die Brücke gigantisch aus! Zu lange schauen kann ich allerdings nicht, denn es ist recht kalt und so radele ich weiter. Bei der Ankunft am Campingplatz in der Nähe von Docksta werde ich dann von vier jubelnden Bikern empfangen - mit den vier Niederländern werde ich noch einen schönen Abend verbringen :-). Sie sind mit ihren Motorrädern auf dem Weg zum Nordkap und planen dieses in zwei bis drei Tagen zu erreichen - nur unwesentlich früher als ich. Nach einem schnellen Frühstück am nächsten Morgen geht die Fahrt dann für uns alle weiter nach Norden. Mich nervt seit Tagen ein kräftiger Gegenwind, doch dem kann ich an diesem Tag für circa 60 Kilometer entkommen. Ich lerne in Örnsköldsvik einen anderen Reiseradler namens Matthias kennen und darf mich ungeniert an sein Hinterrad hängen. Herrlich angenehm und eine sehr kurzweilige zweite Tageshälfte mit einem Kuchen-, Eis- und Kakao Zwischenstopp. Auch die Tatsache das ich neben Matthias noch drei weiteren Radreisenden begegne finde ich klasse, darunter sogar eine allein reisende Frau. Matthias wird am Ende der Ostsee rechts nach Finnland abbiegen und dort noch ein paar weitere Tage auf dem Rad und im Boot verbringen.
Die heutige Etappe beende ich im Nordosten von Umeå, so brauche ich morgen früh nicht mehr durch die Stadt fahren. Die Landschaft ist wieder flacher geworden, aber auch nicht wirklich abwechslungsreich. Nächstes Ziel ist in zwei bis drei Tagen die zentrale Poststation in Luleå. Nach dort ist bereits ein Paket für mich auf dem Weg - der Zelthersteller schickt mir postlagernd Ersatzteile zu, damit ich mein Zelt reparieren kann. Danach werde ich die Ostsee verlassen, den arktischen Polarkreis überfahren und dann in Lappland eintauchen...
Die Auswahl an Knäckebrot - zu kaufen: alle Formen, alle Geschmacksrichtungen, alle Knackvarianten ;-)
Abendstimmung am Campingplatz in Härnösand.
Leider für Radfahrer gesperrt, die Högakustenbrücke.
Vier sympathische Holländer, einen tollen Abend verlebt und viel gelacht :-)...
Typischer Himmel in den letzten Tagen. Ich gewöhne mich an die Kälte und bilde mir ein dadurch den Mücken zu entkommen, denn die haben es ja lieber wärmer... 

Samstag, 14. Juni 2014

Heute ist Geburtstag!

14.06.2014 - mein 29. Geburtstag und diesmal das erste mal ganz alleine. 
Aber ich fühle mich nicht alleine und ich möchte mich bei euch allen bedanken die an mich gedacht haben. Egal ob per Telefon,  SMS, whats App, Skype, Email oder auch einfach in Gedanken :-). Neben etwas mehr als 100 Kilometern auf dem Rad habe ich so meinen Tag verbracht...

Geburtstagskaffee - Apfelkuchen mit Sahnehäubchen
Geburtstagsmittag - Knäckebrot mit Hering
Geburtstagsabend - Hamburger schwedische Art
Geburtstagsübernachtung - am Strand

Freitag, 13. Juni 2014

Dämliche Diebe gibt es also auch in Schweden...

Das gibt es ja nicht, wo habe ich meine Trinkflasche verbummelt? Das denke ich mir gestern morgen beim Packen. Dann fällt der Groschen, aber nur ganz langsam. Der Ersatzmantel und meine Luftpumpe sind auch weg und nirgends zu finden. Das Rad und ein Teil der Ausrüstung haben an der Rezeption im Hause übernachtet. Ich habe grosses Glück, an einen offensichtlich minderbemittelten Kriminellen geraten zu sein, denn Rad und Zelt sind noch da und ja eigentlich ein vielfaches Wert - im Vergleich zur Aldi Pumpe, Mantel und angenuckelter Ines Trinkflasche. Ich kann mir die fehlenden Teile in der Stadt nachkaufen und bekomme von dem sehr netten Verkäufer eine schicke neue Trinkflasche geschenkt.
Trotzdem läuft es nicht wirklich rund, das Erlebnis lähmt meine Beine und belegt meinen Kopf. Das Wetter macht es zusätzlich schwer, immer wieder kommen heftige Schauer vom Himmel. Ich fahre bis Freitag Nachmittag immer noch nicht an der Küste entlang, denn es fehlt die passende Strasse. Die Landschaft hat mittlerweile deutlich mehr Profil angenommen und bietet mir ein paar tolle Ausblicke.
Heute sehe ich dann das erste mal wieder die Ostsee und möchte natürlich auch an einem Campingplatz nahe am Wasser nächtigen. Und dieser Platz ist voll, mit Mühe und Not bekomme ich noch eine Ecke für mein Zelt. Meine Theorie hat ich bestätigt, an den Wochenenden sind die Campingplätze voll mit einheimischen Wohnwägen. Hier treffe ich auch zwei Reiseradler wieder, die ich irgendwann heute am morgen überholt hatte - das passiert immer, wenn sich die Reisenden über die Route austauschen. Das Kuriose: ich sehe noch wie die beiden in die entgegengesetzte Richtung radeln und denke mir "schade", leider nicht meine Richtung. Wer weiss wo sie langgefahren sind, als sie ankommen steht mein Zelt und ich gehe zum duschen. Und eine lange Nachmittagspause in einem Restaurant hatte ich auch noch eingeschoben und einkaufen war ich ja auch noch...
Etwas wacklig auf dem Steh, der schwimmt nur im Wasser... Das merke ich erst als ich mit Vollgas rauffahre und es zu schwanken beginnt...
Der Ljusnan bei Bergvik 
Ausblick vom Zelt, die Landschaft ist merklich hügeliger geworden... 
... und das ein oder andere mal muss ich aus dem Sattel.

Mittwoch, 11. Juni 2014

Sonnenuntergang 22:43 Uhr - Sonnenaufgang 3:19 Uhr

Natürlich habe ich mir das Städtchen - pittoresk würde man es wohl nennen - angeschaut, vor allem die Cafés. Und natürlich auch das Schloss. Bei über 65 zu bestaunenden Zimmern und einem eigenen Theaterturm muss ich aufpassen mich nicht zu verlaufen. Das passierte auch anderen Besuchern, am lustigsten zu beobachten war ein deutsches Pärchen - an der Aussprache eher aus dem Osten stammend. Während ich auf einem Besucherstuhl platzgenommen hatte, lief dieses Pärchen vier (!) mal an mir vorbei. Am besten war dem darauf folgenden Streitgespräch zu lauschen...
Nach zwei wunderbaren, heissen und entspannten Ruhetagen in Mariefred setze ich mich gestern wieder aufs Rad und trete kräftig in die Pedale. Laut Reiseführer fängt nördlich von Stockholm das richtige Schweden an, was meist durch die Begriffe "einsam" und "Wildnis" charakterisiert wird. Die erste Etappe in Richtung Einsamkeit führt mich mitten durch die grosse Mälarenseenlandschaft und folgender eintöniger leicht welliger Gegend, entlang der Fernstrassen 55, 70 und 254. Ich hatte mir eigentlich einen Campingplatz direkt an meiner Route ausgesucht, den gibt es aber nicht mehr und so verlängert sich die Etappe um zehn Kilometer bis in ein sehr schönes und abgelegenes Naturschutzgebiet kurz hinter Östa. Ein richtige Geistercampingplatz - bei meinem gesamten Aufenthalt sichte ich lediglich drei Personen, obwohl der Platz fast voll mit Wohnwägen steht. Wo sind die Schweden hin? Bei der Anfahrt in dieses Gebiet bin ich schon leicht genervt, denn es ist die einzigste Zufahrtsstrasse und ich weiss: die zehn Kilometer fahre ich morgen erstmal wieder zurück. Und so geschah es...
Während ich dann heute weiter durch nicht enden wollende Nadelwälder fahre und wieder keinen Menschen entdecke - ausser mal in einem Auto sitzend oder im Supermarkt einkaufend - stelle ich mir dann erneut die Frage: "Wo sind die Schweden?" Die Antwort kommt so unerwartet wie einleuchtend. Ich erblicke eine Rentneransammlung abseits der Strasse, schätzungsweise fünfzig Personen. Na klar, sie spielen gemeinsam Boule! Oder gehen um 12:00 Uhr zum gemeinsamen Buffet Mittagessen... Ich suche das menschenleere Café nebenan auf und bestelle mir die beste Kanelbullar die ich bislang bekommen habe. Und einen Kaffee dazu, meistens als Selbstbedienung und soviel wie man trinken mag.
Jetzt ist es fast 23 Uhr. Ich sitze in meinem Zimmer in einem Vandrarhem in Sandviken, bekannt durch einen weltweit führenden Werkzeughersteller und die Bandymannschaft Sandvikens AIK und ganz langsam wird es dunkel. Ich bin schon gespannt wie es ist, wenn es gar nicht mehr dunkel wird. Ausser ich mache meine Augen zu - dann habe ich Nacht.
Bei der feinen Dame ohne Arme fühlt sich die Ente wohl wohl :-).
Schloss Gripsholm, die Luft flirrt.
Mälarenseenlandschaft - der drittgrösste See in Schweden. 
Ein typisches Café mit der entsprechenden Kaffee- und Teebar - manchmal gibt es sogar leckeren losen Tee!
Farbenspiel im Gysinge Naturreservat. 
Nadelbäume soweit die Ente schauen kann. Sie ist jetzt übrigens am rechten Flügel gepierct. Eine nette Dame in Småland hat ihr einen Smålandfanpin geschenkt...

Samstag, 7. Juni 2014

Schloss Gripsholm, ein Elch und 1169 Höhenmeter

Mein sportlicher Ehrgeiz ist heute morgen zusammen mit mir aufgewacht. Es kann ja nicht sein das ich noch zwei Tage bis Mariefred brauche. Das sollte doch auch an einem Tag gehen. Tut es. Ich fühle mich gut, die 142 Kilometer mit satten 1169 Höhenmeter erledige ich in knapp acht Stunden im Sattel. Ohne grosse Pausen, denn es läuft. Ein angenehmer Rückenwind schiebt und bei 17 Grad trocknen die Klamotten nach ein paar Schauern auch wieder schnell. Das war bislang die längste Etappe in Schweden, mit zwei ganz besonderen Highlights. 
Als ich so auf einer "Kuhstrasse" - so werden die kurvigen Landstrassen von den Einheimischen genannt - entlangdüse, werde ich doch tatsächlich von einem Elch beobachtet! Ich habe ihn auch gesehen und verlangsame abrupt mein Tempo. Der Elch steht nur ein paar Meter von der Strasse entfernt und schaut mich an. Ich schaue zurück. Komisches Gefühl und das der Elch sich nicht rührt, sondern nur schaut und auch nicht sonderlich klein auf mich wirkt, löst ein leichtes Unbehagen in mir aus. Ich gebe Gas und fahre weiter. Dann kommt mir nach ein paar hundert Metern ein Rennradfahrer entgegen und ich denke mir: wenn der jetzt an dem Elch vorbeifährt, kann ich auch noch mal vorbeifahren. Gesagt - getan. Ich wende mein Rad und krame den Fotoapparat hervor. Der Elch steht noch genau da, wo ich ihn vermute und schaut mich wieder an. Er hat bestimmt das Gefühl mich schon mal gesehen zu haben... Da ich ja eigentlich in die andere Richtung muss, wende ich erneut, fahre zum dritten Mal an dem Tier vorbei und kann ihn förmlich denken hören: "was ist das für ein geröhrter, äh gestörter Radfahrer?!" Und der hält auch noch beim Fahren einen Fotoapparat hoch - anzuhalten habe ich mich nicht getraut. Dieses Erlebnis lockt einem Schweden wahrscheinlich nur ein müdes Lächeln auch die Lippen, für mich war es ein toller Moment mit Gänsehautfeeling. 
Ein weiteres mal bekomme ich dann eine Gänsehaut, als ganz plötzlich vor mir Schloss Gripsholm auftaucht. Jetzt stehe ich tatsächlich vor dem Schloss und bin mit dem Rad angereist! Ein Traum, den ich mir oft im Kopf ausgemalt habe, ist in einem Moment real geworden. Ein komisches Gefühl.

Fährüberfahrt morgens früh, die Landschaft lässt sich kaum mit dem Fotoapparat festhalten. 
Ein Elch - OK, ein kleiner Elch :-)
Typische Nebenstrassen, oft auch unbefestigt. 
Schloss Gripsholm - ein Traum geht in Erfüllung. 

Freitag, 6. Juni 2014

Wunderschöne Schärenlandschaft kurz vor Stockholm

6 Uhr, der Wecker klingelt und ich stehe auf. Eigentlich war ich schon um kurz nach drei wach, von dem lautstarken Gepiepse der Vögel die natürlich zu Sonnenaufgang wach werden. In der Nacht sind weitere zwei Elemente der Zeltstangen mit lautem Knall gebrochen, die konnte ich aber reparieren - mit extra für meine Bedürfnisse zugeschnittenem Kupferrohr aus dem Baumarkt, das hatte ich mir in weiser Voraussicht am Vortag gekauft weil ich schon so etwas ahnte. Am Vortag war bereits das erste Element zu Bruch gegangen - mit der Zeit entwickelt man das Geschick Probleme fantasievoll zu lösen...
Heute kommen mir seit langer Zeit mal wieder zwei Reiseradler entgegen, sie fahren den Ostseeküstenradweg von Stockholm in Richtung Süden. Überhaupt sind noch wenige Radfahrer unterwegs und wenn dann meistens zu zweit. Eine Frau habe ich noch nicht getroffen und auch ich werde meist zuerst befragt wo denn meine Begleitung sei. Die habe ich nicht - wer macht schon solche offensichtlich unkonventionellen Ferien? 
Die heutige Etappe geht auf und ab durch wunderschöne Schärenlandschaften, schon kurz nach 15 Uhr bin ich am Campingplatz und nutze die Gelegenheit zum Wäsche waschen, Kaffee trinken, Umgebung besichtigen und entspannen. Auch ein paar Impressionen die für sich sprechen sollen kann ich einfangen. 
In ein oder zwei Tagen plane ich Schloss Gripsholm zu erreichen, den romantischen Ort aus Kurt Tucholskys berühmten Liebesroman. 





Donnerstag, 5. Juni 2014

Die Tücken von Radwegen, Fahrzeugen bei Regen und mobilen Tiefkühltruhen

Jetzt habe ich ein kleines Problem, denn seit meinem letzten Eintrag sind einige Tage vergangen und ich weiss nun nicht so recht, wo ich anfangen soll. Vielleicht mit einem nassen Déjà-vu? Oder mit der defekten Tiefkühltruhe? Auch über die Radwege, den effektiven Raumgewinn, den Wind und die Landschaft fällt mir einiges ein. Oder doch lieber über die Kochkünste der Schweden und das leckere Polarbrot? Am besten Nacheinander, sonst gibt es ein Durcheinander...
Ich schlängele mich die letzten Tage immer an der Küste entlang, stetig Richtung Norden bis ich gestern Mittag wieder feststellte: ich bin eine Stunde geradelt und bin ganze 5 Kilometer weiter nördlich als eben. Der Küstenradweg ist gut und auch toll ausgeschildert, führt mich aber zu oft durch die Pampa und ich komme nur im Schneckentempo voran. Ich entscheide mich von nun an für einen Radweg - Strassen Mix und das funktioniert gut. Effektiv bin ich seit meinem letzten Eintrag übrigens 429 Kilometer gefahren, Raumgewinn sind es lediglich knappe 300 Kilometer. Auch die schon oft gehörte Ansicht Schweden, vor allem an der Küste, sei flach kann ich nicht so bestätigen. Denn die letzten Tage sind immerhin 2259 Höhenmeter dazu gekommen... 
Nachdem ich die ersten weiteren Fahrtage mit einem kräftigen Gegenwind zu kämpfen hatte und es mich vorgestern ordentlich verregnet hat, scheint nun wieder die Sonne und trocknet meine Klamotten. Hätte es nicht geregnet, könnte ich auch nicht von einem tollen Déjà-vu berichten. Als ich also so durch den Regen radele denke ich mir: beim letzten mal war es ein LKW der uns richtig nass gespritzt hat. Nun kommt mir ein Bus entgegen - das wird schon... Ich schaffe es gerade noch den Mund zuzumachen, als sich eine grosse Ladung Wasser über mich ergiesst. Nun also nicht nur Wasser von unten, oben und der Seite - Wasser vom Bus gibts gratis dazu und ich muss grinsen als ich an meine Reaktion von damals dachte, dem LKW habe ich ein herzhaftes Schimpfwort hinterhergebrüllt. Er hat das aber sicherlich nicht gehört... 
Platschnass komme ich also auf dem Zeltplatz an, das tägliche Ritual beginnt und wird durch ein nettes Ehepaar aus Lüneburg unterbrochen. Die Kühltruhe sei ausgefallen im Wohnmobil und nun müsste das ganze Fleisch und die Würstchen gegrillt werden, ob ich Hunger hätte. Klar habe ich Hunger und so essen wir gemeinsam zu Abend. Die ältere Dame hat sichtlich Spass mir meinen Teller immer wieder zu befüllen - das Essen muss ja weg - und staunt nicht schlecht, denn nach zwei Stücken Fleisch und fünf Bratwürsten lege ich Gabel und Messer beiseite. Ich kann ja schlecht noch mehr essen, das wäre unvernünftig und hätte sicherlich einen unruhigen Schlaf zur Folge.
Vom gestrigen Essen gestärkt mache ich mich dann heute gegen Mittag - nachdem der Regen etwas nachgelassen hat - auf den weiteren Weg und campiere nun in Gamleby, wieder alleine als Zelt. Das Zauberwort heisst Vorsaison. Es ist schon einsamer als ich es gewohnt bin. Auch was die Supermarktdichte angeht. Mittlerweile bin ich dazu übergegangen in der Mittagspause schon für den Abend und den nächsten Morgen einzukaufen. Dieses System hat sich bislang bewährt, mein Frühstück für Morgen ist entsprechend sichergestellt...
Wind ist ja gut, aber nicht in der Stärke und vor allem nicht aus Richtung Norden ;-)
Wir geniessen die Abendsonne an der Ostsee. 
Schweden, 10 Grad, Regen - die Bekleidung passt.

Ohne Worte...