Mittwoch, 6. Juli 2016

On the road again - immer am Wasser entlang

Am vergangenen Sonntag fühlte ich mich auf meinem Rad wie ein Fremdkörper. Das fährt sich aber komisch und wirklich bequem ist es auch nicht. Und ausserdem komme ich so langsam voran... Ich schlängele mich durch Toronto, es dauert einen ganze Tag bis ich gefühlt Stadt und Randgebiete hinter mir lasse. Stop and Go ist angesagt, ich stehe oft an roten Ampeln und muss warten.
Mein Weg führt mich immer entlang des Lake Ontario im Richtung Osten. Ich lasse die Hektik der Grossstadt langsam hinter mir. Ein letzter Blick zurück entlang der achtspurigen Schnellstrasse und ich freue mich auf ruhigere Zeiten im Sattel.
Die Landschaft ist angenehm wellig und führt mich entlang von mit Obstbäumen gesäumten Strecken bis nach Kingston. Hier sollte ich etwas Zeit verbringen, diesen Tipp erhielt ich von vielen Kanadiern. Kingston war einst Hauptstadt, wurde aber durch Ottawa ersetzt. Die damalige Hauptstadt lag einfach zu nah an den USA.
Ich checke also in Kingston in ein altes aber zentral gelegenes Hotel ein und mache mich auf den Weg die Stadt zu erkunden. Ich bin immer noch ein wenig gefrustet, denn auch der dritte Radtag nach meiner langen Rad-Abstinenz ist nicht wirklich lustig oder gar entspannt verlaufen. Aber es nützt ja nichts, denn ich weiss: da muss ich einfach durch und es werden sicherlich wieder bessere Zeiten kommen.
Mit diesen Gedanken schlendere ich zwei Blogs in Richtung Hafen. Weiter komme ich nicht, denn es lacht mich ein kleines mexikanisches Lokal an. Ich setze mich an die Bar und bestelle mir ein Glas Weisswein und eine Portion Guacamole. Ich schaue den Servicekräften ein wenig zu und staune nicht schlecht, denn es sind alles sehr gut aussehende Damen im kleinen Schwarzen. Die männlichen Pendants sind entweder in der Küche oder abwesend. Auf jeden Fall laufen sie nirgends herum. Da ich ja nur einen Apéro wollte, mache ich mich also wieder auf den Weg in Richtung Hafen. Dort komme ich dann auch an, schlendere durch den Park und beobachte Menschen. Mein Blick fällt auf eine toll gelegene Bar, über dem Hafen sozusagen und ich beschliesse diese zu besuchen und ein weiteres Glas Weisswein zu trinken. Vor mir sitzen zwei ältere Damen und philosophieren, neben mir wird scheinbar ein Business abgewickelt und in der Ecke sitzt ein verliebtes Pärchen. Ich geniesse den Blick auf den Hafen und hänge meinen Gedanken nach, bis ich Lust auf einen Kaffee bekomme. Mein Weg führt mich diesmal vom Hafen weg und Richtung Altstadt. Ich schaue noch kurz in ein deutsches Lokal hinein, naja - es hat mich nicht wirklich angesprochen. Ich finde ein kleines Café mit einer duftenden Auslage von leckeren Gebäckstücken, Kuchen, Keksen und sonstigen Backwaren. Es bleibt für mich bei einem Cappuccino. Das Publikum besteht hier scheinbar ausschliesslich aus Studenten. Ich versetze mich kurz in meine Studentenzeit und freue mich darüber, dass ich diese so erleben durfte. Nach dem Cappuccino habe ich allerdings keine wirkliche Bettschwere. Von dem Dach eines Gebäudes ertönt laute live Musik. Das schaue ich mir doch einfach mal an. Vier Stockwerke hochgelaufen und ich ergattere den letzten Sitzplatz an der Bar sowie einen Gin Tonic. Neben mir ein interessant aussehender Typ, man würde ihn wohl eher als komischen Kauz bezeichnen. Neben der Live Musik wird Baseball auf Grossleinwand gezeigt. Ich komme mit Frank, meinem Sitznachbarn, ins Gespräch und wir diskutieren über Sport, Politik und Schach. Mit dem festen Vorsatz zurück ins Hotel zu gehen verabschiede ich mich von Frank. Ich schlendere also in Richtung Hotel, schaue in die geschlossenen Geschäfte hinein. Kurz vor meinem Hotel, sozusagen direkt nebenan, gibt es ein kleines Lokal. Im Schaufenster sitzt ein Mann mit Gitarre, er singt offensichtlich für ein kleines Publikum. Ich bleibe kurz stehen und betrachte diese Szene interessiert, es wirkt auf mich sehr friedlich. Ich bin neugierig und betrete das Lokal, bestelle mir an der Bar einen trockenen Rotwein und bleibe auch gleich dort sitzen. Ich höre in den folgenden zwei Stunden fünf verschiedene Sängerinnen und Sänger - und wechsele mit keinem anderen Gast ein Wort! Ich geniesse einfach nur einen guten Rotwein, eine friedliche Atmosphäre und gute Musik. Zwei Stunden in einer Bar ohne ein Wort zu wechseln, das habe ich auch noch nie hinbekommen. Weit nach Mitternacht wandere ich dann definitiv in mein Zimmer. Am Morgen gönne ich mir nach dem wachwerden noch weitere zwei Stunden Schlaf. War vielleicht doch ein wenig viel am vergangenen Nachmittag, Abend, Nacht...
Erstaunlicherweise läuft der folgende Radtag hervorragend und ich geniesse eine wunderbare Strecke entlang des Sankt-Lorenz-Strom, fühle mich auf dem Rad richtig wohl und checke in Prescott entspannt in einem kleinen B&B ein.

Viel Wasser und Grün vor Kingston.
Kingston Downtown.
So harmlos begann der Abend...
Immer entlang des Stroms Richtung Montreal. 

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