Dienstag, 19. Juli 2016

Going East - willkommen in Nova Scotia!

Immer weiter Richtung Süden fahrend komme ich an ein paar kleinen Ortschaften vorbei. Eine Kirche gibt es immer, Lebensmittelgeschäfte oder Cafés sind dünn gesät. Vorbei an den Wasserfällen in Grand Falls sehe ich in Hardland die längste gedeckte Brücke der Welt. Und ich kann eine echte kanadische Auktion beobachten während ich mir einen kühlen Eistee gönne. Eine Ansammlung von Menschen steht um den Auktionator herum, dieser spricht so schnell - ich verstehe einfach nichts. Es ist spannend zuzuschauen. Ich erfahre, dass man sich hier vor allem trifft um zwischenmenschliche Beziehungen zu pflegen.
In Fredericton checke ich kurzfristig in einem B&B unweit der Innenstadt ein. Ich lasse es mir nicht nehmen, Fredericton Downtown zu erkunden und mache einen Zwischenstopp in einem netten Lokal.
Am nächsten morgen treffe ich am Frühstückstisch an die weiteren Gäste des B&B und lerne meine Gastgeber ein wenig besser kennen. Alle anwesenden Personen sind sich sympathisch und es entsteht eine entspannte Gesprächsrunde. Das Frühstück dauert so fast zwei Stunden. Natürlich erkundige ich mich bei den anwesenden Personen über die Strecke der nächsten Radtage, denn im Gegensatz zu mir waren alle schon in Nova Scotia. "Von hier nach Moncton? Am besten nimmst du den Highway, aber es gibt die nächsten knapp 200 Kilometer ausschliesslich Bäume und zu sehen, Hügel zu befahren und kaum Service". Muss ich mir das wirklich noch geben? Ich entschliesse mich Charm und John zu fragen, ob sie mich bis nach Moncton mitnehmen können und tatsächlich, das ist kein Problem. Das Rad ist schnell im Subaru verstaut und keine 30 Minuten später rollt es sich sehr entspannt den ersten Hügel hinauf. Die Zeit vergeht wie im Flug, wir quatschten über alles mögliche und ich werde für die Nacht zu den beiden nach Hause eingeladen. Kurz vor Moncton machen wir einen Abstecher in das Familien-Sommerhaus. Charm hat hier einen kleinen Garten angelegt und ist sichtlich stolz auf die ersten selbstgeernteten Radieschen. Im Sommer trifft sich hier einmal im Jahr die komplette Familie zum Bücher-Wochenende: es wird nur gelesen, geredet und gegessen. Alle elektronischen Geräte werden verbannt.
Die beiden wohnen in einem gemütlichen Haus am Stadtrand von Moncton und werden schon sehnsüchtig von den zwei Katzen erwartet. Ich werde kurz durch das Haus geführt. Von der Gastfreundschaft der Menschen hier habe ich zwar gehört. Das diese Gastfreundschaft allerdings so herzlich ist, dass man sich direkt wohl fühlt ist schon gewaltig. Ich bin ja eigentlich eine fremde Person und dennoch wird mir ein riesengrosses Vertrauen entgegengebracht.
Der Nachmittag ist entspannt. John sitzt am Küchentisch und bereitet sich auf den morgigen ersten Arbeitstag in der neuen Firma vor. Charm steht neben dem Küchentisch und bügelt und ich sitze ebenfalls am Küchentisch und lese. Kurz kommt die Schwester von John zu Besuch um ihm für den morgigen Tag alles Gute zu wünschen. Und dann ist es auch schon Zeit das Abendessen vorzubereiten. Charm zaubert ein leckeres Abendessen, ich helfe ihr. Pünktlich zum Essen kommt der Bruder von Charm vorbei und isst kurzerhand mit uns zu Abend. Es wird eine Flasche selbst in Auftrag gegebenem Rotwein geöffnet. Nach dem Abendessen zeigen mir Charm und John noch die Sehenswürdigkeiten der Stadt, touristisch am bekanntesten ist der magnetische Hügel - dies ist eigentlich nur eine Strasse, speziell ist aber die optische Täuschung. Man fährt den Hügel hinunter, kuppelt den Gang aus und rollt den Hügel hinauf! Ein komisches Gefühl ist das. Der letzte Stop erfolgt an einer kleinen Eisdiele. Ich lade die beiden auf ein Eis ein, Lakritz mit Schokolade und Vanille - genial lecker.
Am nächsten morgen frühstücken wir zusammen, John verlässt pünktlich um 8:10 Uhr das Haus und Charm und ich sitzen, reden und trinken Kaffee. Zum Abschied erhalte ich noch ein Lunchpaket und dann bin ich wieder on the Road, zugegeben - es ist schon recht spät als ich mich auf den Weg mache.
Ich folge an diesem Tag für 60 Kilometer dem geschäftigen zweispurigen Highway Richtung Osten. Während meiner ersten und einzigen Pause werde ich von Jack angesprochen. Er fragt ob er mich ein kurzes Stück begleiten darf. Keine zwanzig Minuten später steht er mit seinem Rad vor mir und wir fahren gemeinsam bis nach Nova Scotia. Er plant für das kommende Jahr eine Trans-Kanada Tour. Er ist 22 und möchte sich bei der Reise klar darüber werden, was er beruflich machen soll. Und er möchte sein Land besser kennenlernen.
In Amherst geht es für mich runter vom Highway auf eine weniger befahrene Nebenstrasse Richtung Küste. Ich finde in Pugwash ein tolles B&B. Die Gastgeber, Jacki und Paul, sind einfach perfekt. Im Ort gibt es kein schönes Restaurant, aber ich könnte im B&B zu Abend essen. Es gibt heimischen Fisch mit Reis und einem grünen Salat. Dazu tatsächlich ein Glas Weisswein aus der Region - was fast schon etwas besonderes ist. Denn es wird häufig Wein aus allen Ecken der Welt angeboten, aber eben nicht aus Kanada. Ich schlafe hervorragend und starte mit einem Lachsspinat Omelett und frischen Früchten in den Tag - hatte ich eigentlich erwähnt, dass Paul jahrelang ein sehr gefragter Küchenchef war und als Radfahrer genau meine Bedürfnisse kennt ;-)?

Die längste gedeckte Brücke der Welt! 
Das ist eine typische Auktion in Neubraunschweig.
In der Mitte sind Charm & John, links der Bruder von Charm.  
Jack begleitet mich ein Stück bis nach Nova Scotia.
Sehr, sehr lecker!

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