Dienstag, 14. Juni 2016

(Get Your Kicks On) Route 66

Ich dachte ja auf dem Rad könnte es über Tag nicht heisser werden als es die vergangenen Wochen schon war, doch dieser Tag toppt temperaturtechnisch einfach alles. Vorweg: heute hat es tatsächlich einmal kurz geregnet! Die nassen Strassen sind schneller abgetrocknet als ich schauen kann. Es kühlt um 10 Grad auf angenehme 36 Grad Waschküchentemperatur hinunter. Nur um danach wieder langsam aber kontinuierlich anzusteigen.
Ich fahre heute den gesamten Tag auf der historischen Route 66. Das diese Strasse historisch ist, merke ich auch am Strassenbelag. Ich werde ordentlich durchgerüttelt. Auch die Beschilderung ist nicht so einfach und durchgängig. An einem Punkt muss die Interstate genutzt werden. Nur Fahrräder, die müssen wo anders lang, aber wo? Ich versuche mich an einer Strasse direkt neben der Interstate, nur leider hört diese nach gut zwei Meilen einfach auf. Ich frage mein Handy um Rat und tatsächlich, weit kann es bis zur Anschlussstrasse nicht sein. Also geht es weiter auf einem kniehoch mit Grünzeug bewachsenem Feldweg, hier klappt das mit dem Radfahren noch. Dann kommt die Strasse in Sichtweite! Nur leider verlaufen davor Eisenbahnschiene und es steht auch noch ein Zug einfach so in der Landschaft herum, versperrt mir den Weg. So nah und doch so fern. Ich bücke mich, luge unter dem Zug hindurch und sehe eine wunderbar asphaltierte Strasse. Ob mein Rad unter dem Zug hindurch passt? Genug Platz müsste da vorhanden sein, ist ein Güterzug. Vielleicht ohne Taschen? Ich verwerfe die Idee aber schnell wieder. Wer weiss wann der Zugführer gedenkt los zu rollen. Stattdessen muss ich mich entscheiden: rechts oder links am Zug entlang? Welcher Weg ist wohl der kürzere? Weder rechts noch links sehe ich das Zugende. 50/50 - ich laufe links rum, denn in diese Richtung kann ich zumindest ein Haus sehen. Also ist dort auch ein Weg. Ich schiebe mein Rad auf groben Steinen am Zug entlang. Ich selbst laufe mehr oder weniger im Gestrüpp. So sehen meine Beine nun auch aus. Aber ich bin erfolgreich, kann vor der Lok über die Bahngleise und auf die Strasse wechseln. Ich bin schweissgebadet und matschig noch dazu.
Weiter rollte es bis Springfield, dann verliert sich die Route 66. Orientierungssinn ist gefordert. Und ein paar Schutzengel mehr, es sind viele Autos unterwegs. An einer Tankstelle fragt mich ein älterer Herr, ob er für mich beten darf. "Ja natürlich", antworte ich und dachte er würde mich in sein Sonntags- oder Abendgebet einschliessen. Er steigt allerdings aus seinem Auto aus, legt eine Hand auf meine Schulter, die andere Hand auf meinen Sattel. Und dann fängt er an zu beten. Und er betet und er betet... Als er fertig gebetet hat, verabschiede ich mich bei ihm mit den Worten "god bless you" - so wurde auch ich schon oft verabschiedet - und er freut sich sehr darüber.
Geld abheben am ATM Drive-through.
Man beachte die kleine Zahl oben links im Tacho und das bereits um kurz nach 11 Uhr!
Schieben ist angesagt...
Typisches Bild für die heutige Etappe. 
Kurz vor dem Ziel in Lincoln / IL. 

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