Samstag, 21. Juni 2014

Mittsommerfest - der längste Tag des Jahres wird gefeiert

20. Juni, heute ist Mittsommerabend! Ich habe mich natürlich schlau gemacht und aus Gesprächen mit diversen Schweden bekomme ich eine ziemlich klare Vorstellung über die Wichtigkeit dieses Festes. Vom schwedischen Nationalfeiertag am 06. Juni wollte keiner was wissen, aber Mittsommer - da wird gefeiert!
Also fülle ich meine Lebensmittelvorräte auf und ab geht die Reise. Das Wetter ist wieder unbeständig und es ist merklich kühl geworden. Am Vorabend habe ich mir zwei mögliche Etappenziele ausgesucht, eines an der Küste nach etwa 75 Kilometern und eines im Landesinneren - was der direktere Weg wäre - nach etwas 100 Kilometern zu erreichen. Mut zur Lücke, ich fahre von der Küste weg ins Landesinnere. Die Strassen sind matschig, es ist ungemütlich und die Möglichkeiten zum aufwärmen sind immer weiter entfernt. Um kurz vor vier Uhr treffe ich dann in Åkullsjön auf ein offenes Geschäft in dem es auch warme Getränke gibt. Die schick gekleidete Dame an der Kasse sieht aus als wenn sie auf dem Sprung zur Mittsommerfeier ist und dem ist auch so, um vier wird eigentlich geschlossen. Eigentlich, denn in dem kleinen Örtchen ist nicht wirklich viel los und ich werde ausgefragt - und ich frage natürlich auch und bekomme eine Empfehlung für ein tolles Café das ich unbedingt besuchen soll und eine Campingmöglichkeit im Nachbarort. Der Nachbarort heisst Bygdsiljum und liegt etwa 12 Kilometer entfernt. Vorher soll ich mir aber unbedingt noch den grössten und nördlichst gelegenen Rosengarten anschauen. Ein deutscher Einwanderer hat offensichtlich eine Schwäche für Rosen und so findet man in seinem Garten 137 verschiedene Sorten Rosen... Ich sehe zwar nicht viel, denn die Rosen blühen noch nicht, aber ich war da :-)...
Als ich dann in Bygdsiljum ankomme denke ich zuerst an Asterix und Obelix - dieser Ortsname erinnert mich einfach an ein befestigtes Römerlager. Ich finde auch den Campingplatz direkt am See und ich möchte in diesem Örtchen übernachten, 20 Kilometer vor meinem eigentlichen Etappenziel. Doch was ist das für ein Campingplatz? Nur ein Wohnwagen da, keine richtige Infrastruktur, keine Rezeption. Von einer Frau erfahre ich das ich mich in dem Kaffee "da hinten" melden soll. Mache ich dann auch, aber da weiss man auch nicht so richtig viel und ich bekomme einen Zettel mit einer Telefonnummer in die Hand gedrückt. Ich soll dort anrufen, nur nimmt niemand ab. Logisch, es ist mittlerweile 17 Uhr, Mittsommerabend und da wird dem Brauch folgend lecker mit der Familie zusammen gegessen. Um mein Entscheidung ein wenig anzukurbeln bestelle ich mir zwei Kugeln Eis. Die Bedienung - sie heisst Irmiz - schaut mich an und ich bekomme drei Kugeln und noch eine Portion selbst gemachtes Softeis obendrauf. Puh - ich entschliesse mich nicht mehr weiter zu radeln und werde mein Zelt einfach mal aufbauen. Doch wie komme ich in die Dusche und Toilette? Gar nicht - ich freunde mich ganz langsam mit der nahegelegenen See Badewanne an. Aber bei 8 Grad? Definitiv nicht, heute muss eine kleine Wäsche ausreichen. Die einzige Möglichkeit ist die Toilette im Café, ich frage dort ob ich mich waschen darf und bekomme kurzerhand die Personaldusche angeboten und danach von Irmiz eine Einladung zum Abendessen. Sie wohnt direkt gegenüber und ich soll um acht Uhr vorbeikommen - wenn ich nichts anderes vorhabe. Und wenn ich Hunger habe soll ich diesen auch mitbringen, denn ihre Chefin hat ihr die Lasagne vom Mittag mitgegeben und die muss noch weg.
Pünktlich um acht Uhr klingele ich dann an der Haustüre, die gar nicht abgeschlossen war. Die Polizistin wohnt direkt gegenüber und die 300 Einwohner des Dorfes kennt man schliesslich. Irmiz kommt eigentlich aus Venezuela und Peter aus Bygdsiljum, die beiden haben sich über das Internet kennen und lieben gelernt. Den Mittsommerabend verbringen wir gemeinsam. Peter hat lecker gegrillt und es gibt typische schwedische Leckereien auf dem Tisch, die Lasagne passt wahrscheinlich nicht ganz dazu, schmeckt dafür aber umso leckerer... Bei Marabou Orange Krokant Schokolade - die Lieblingssorte von Peter und auch einer meiner Favoriten ;-) - unterhalten wir uns noch bis spät in die Nacht. Für den nächsten Morgen bekomme ich noch zwei selbst gebackene Cupcakes mit und für den nächsten Abend eine Portion Lasagne. 
Mit den Cupcakes starte ich dann heute in den Tag und es waren die besten Cupcakes die ich je gegessen habe - was auch immer da in der Creme auf den kleinen Leckereien verarbeitet wurde: das schmeckt einfach klasse und bringt Energie für die folgende 100 Kilometer Etappe nach Byske. Um das Abendessen brauchte ich mich nicht zu Sorgen, die Lasagne mache ich mir in der Mikrowelle warm und nun kann ich mir doch tatsächlich noch das Deutschlandfussballspiel anschauen. Denn ich bin auf einem 5* Campingplatz gelandet und da gehört das zum Standard...

Regen und matschige Strassen... Schlamm- und Wasserschlacht :-) 
Das Café habe ich dann irgendwie doch verpasst...
Der Blick abends aus dem Zelt: das schwarze grosse Haus links ist das Café, das gelbe grosse Haus daneben der Dorf Supermarkt, zwei Häuser weiter rechts wohnen Irmiz und Peter und im Haus ganz recht feiern ein paar Jugendliche noch bis in die frühen Morgenstunden friedlich die kürzeste Nacht des Jahres - viel grösser ist der Ort dann auch nicht...
Nach unzähligen Versuchen mit allen Handys war das noch das gelungenste Foto - es war spät :-)

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